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Fällkniven S1x Expert Review

Die Fällkniven X-Serie ist eine der beeindruckendsten Releases von 2019. Aber sind diese Full-Tang Survivalmesser auch wirklich so gut? Bushcraftexperte Padraig Croke hat für uns diese Fällkniven S1x Review geschrieben. Genauer gesagt hat er sich mit dem Fällkniven S1xb beschäftigt.

Das Brechen von Regeln

Woran denkst Du, wenn jemand „Survivalmesser“ sagt? Siehst Du dann ein 20 cm langes Stück Kohlenstoffstahl vor Dir? Einen Micarta-Griff mit Griffmulden? Eine Wellenschliffschneide und große Rillen auf dem Rücken? Das ist zumindest, woran ich meistens denke, wenn ich den Begriff höre. Zu groß und sperrig und geeignet, um einen Eichentisch zu zerhacken. Jede Finesse und jedes Feingefühl fehlt. Bis Du Fällkniven kennenlernst: das Unternehmen, das Messer für die härtesten Männer und Frauen der Welt herstellt. Genauer gesagt: schwedische Düsenjägerpiloten. Die Messer von Fällkniven sind so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was ich oben genannt habe.

Im Schwedischen gibt es den Begriff Lagom. Frei übersetzt heißt das „genau richtig“. Es geht aber noch um viel mehr. Man könnte sagen, dass es ein Konzept ist, das tief in der schwedischen Psyche verankert ist. Für viele Unternehmen ist es die Grundlage ihrer Unternehmensphilosophie. Es ist also ein echtes Statement wenn man sagt, dass das Fällkniven S1x genau das ist: Lagom. Es bietet die perfekte Balance zwischen angenehmer Finesse und der „genau richtig“-Eleganz. Fast könnte man es übersehen, bei all den anderen Messern dieser Kategorie. Aber Du kannst Dir sicher sein, dass jeder Zentimeter perfekt durchdacht wurde.

Eine Nachricht von Fällkniven

„Dein Fällkniven X-Messer ist das stärkste, schärfste und sicherste rostfreie Messer, das hergestellt wird. Wenn Dein Leben in Gefahr ist, kannst Du Dich immer auf Dein X-Messer verlassen. Es wurde so entworfen, dass es allen Belastungen durch die menschliche Hand standhält. Das bedeutet, dass es praktisch unzerstörbar ist. Wir wären nicht überrascht, wenn die X-Serie das am besten durchdachte Messerkonzept der Welt ist. Wir haben nichts unversucht gelassen, um das Beste in Sachen Ergonomie und Sicherheit zu liefern...“

Als ich das las, wurde ich doch ein wenig skeptisch. Aber Du solltest wissen, dass Fällkniven sich das Recht für so ein Statement bereits ausreichend verdient hat. Immerhin sind sie ein Lieferant der schwedischen Armee! Das Fällkniven F1 ist seit 1995 das offizielle Survivalmesser für Piloten der schwedischen Luftwaffe. Die Modelle F1 und S1 wurden getestet und für den Einsatz bei der U.S. Navy und U.S. Marine zugelassen.

Außerdem lässt Fällkniven seine Messer unabhängig in Universitätslabors testen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Messer so stark wie möglich sind. Diese Tests sind auf ihrer Website einsehbar. Bei solch einer soliden Basis kann es sich nur um ein Messer handeln, das Dir gefällt oder halt eben nicht. Über die Qualität gibt es aber nichts zu diskutieren. Schauen wir uns also die Details an.

Spezifikationen und Stahl

Beim Stahl handelt es sich um einen laminierten Kobaltstahlkern (CoS) mit 420J2 an der Außenseite. Letzterer Stahl wird aufgrund seiner Schärfe auch als chirurgischer Stahl verwendet. Das Ergebnis ist ein Messer mit einer extrem scharfen Schneide und einem harten Kern.

Die Gesamtlänge beträgt 249 mm, wobei die Klinge 132 mm lang und 6 mm dick ist. Zum Vergleich: das KA-BAR Becker BK2 ist 270 mm lang mit einer Klingenlänge von 133 mm und einer Dicke von 6,6 mm. Überraschenderweise sind Klingenlänge und -dicke durchaus vergleichbar. Es gibt jedoch ein paar Faktoren beim Fällkniven, die mehr Finesse und Liebe zum Detail ausstrahlen. Ganz zu schweigen von der Qualität des Stahls. Dies verschafft dem S1x einen erheblichen Vorsprung gegenüber anderen Survivalmessern, die aus 1095-Kohlenstoffstahl gefertigt sind.

Immer, wenn ich das S1x (widerwillig) jemandem überließ, war ihre erste Reaktion fast einstimmig: „Woah, was für ein Gewicht!“. Wenn man sich das Messer anschaut erwartet man einfach nicht, dass es so viel wiegt. Mir gibt dieses Gewicht die Gewissheit, dass das Messer seine Aufgaben auch schafft. Zusammen mit der Forschung und Entwicklung, die Fällkniven in das Messer investiert hat, bedeutet dies, dass ein Spannungsbruch oder ein Bruch durch menschliche Kraft ausgeschlossen sind. Dieses Werkzeug versagt nicht, da gibt es wirklich nichts zu diskutieren. Auf ihrer Website sagt Fällkniven, dass sie laminierten Stahl verwenden, da dieser mindestens 20% stärker ist als solider rostfreier Stahl. Beim Design eines Survivalmessers muss man immer auf die Stärke eines Messers achten.

Ein schweres Messer ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit einem guten Messer. Was wichtig ist, ist die Balance. Im Gegensatz zum S1Pro hat das S1x eine Full Tang-Konstruktion, was das Messer nochmal 50 g schwerer macht. Für mich ist das zusätzliche Gewicht kein Problem. Die konvexe Schneide in Kombination mit einem „distal taper“ (eine sich zur Spitze hin verjüngende Klinge) spart viel Gewicht ein und sorgt für eine gute Balance. Die Klinge ist sehr präsent, aber nicht unkontrollierbar. Die verjüngte Spitze ist gut für feine Arbeiten geeignet. Dieses Messer ist so gut ausbalanciert, dass es genau das macht, was Du möchtest und wie Du es möchtest.

Eine Sache, die das Messer nicht kann: mit einem Feuerstein Funken erzeugen. Der Grund dafür ist, dass der rostfreie Stahl relativ wenig Kohlenstoff enthält. Außerdem verhindert auch die Wolfram-Beschichtung des S1xb dies. Ich persönlich bin auch noch nie davon abhängig gewesen. Wenn Du das aber bist, bist Du eigentlich schon schlecht vorbereitet! Es ist fast schon bemerkenswert, dass es nicht funktioniert. Ist es ein Dealbreaker für ein Survivalmesser? Ich denke nicht. Für manche Menschen kann es jedoch ein Problem sein. Mir ist es wichtiger, dass der Stahl unempfindlich gegen die Elemente ist, als dass er zusammen mit einem Feuerstein ein paar Funken erzeugen kann. Jeder muss die Vor- und Nachteile für sich selbst abwägen.

Dein Messer in einer Survivalsituation

Solltest Du in einem F-117 Nighthawk unterwegs sein und abgeschossen werden, kannst Du schon mal in eine Survivalsituation geraten. In solch einer Situation hast Du nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung. Dein Feuerzeug könnte leer sein, genau wie der Akku Deines Radios und irgendwann werden Dir Essen und Trinken ausgehen. Woran viele Menschen nicht denken ist, dass auch ein Messer „leer“ werden kann. Genauer gesagt kann die Schneide im Laufe der Zeit stumpfer werden.

Natürlich spreche ich mit einem Augenzwinkern über dieses Szenario. Mein Kampfflugzeug wird natürlich nicht abgeschossen. Aber sollte das passieren, dann würde ich meine Messerschneide nur für Aufgaben benutzen, die absolut notwendig sind. Für den Test habe ich mir ein Szenario ausgedacht, in dem ich nur mit meinem Messer bewaffnet viel Holz bearbeiten musste. Ich wollte ein Feuer in Gang halten, um nachts nicht frieren zu müssen. Hierfür benötigte ich Zunder und große Holzstücke. Ich beschloss, eine Art Hammer und ein paar Keile zu schneiden, um anschließend die Schneide schonen zu können. Den Klingenrücken wollte ich für meinen Firesteel benutzen und um Kienspäne herzustellen. Mit der Schneide wollte ich nur noch Feathersticks schnitzen, um das Feuer am Laufen zu halten.

Die Herstellung von Hammer und Keilen dürfte hierbei die schwerste Aufgabe sein. Die konvexe Schneide des S1x ist hierfür nicht die beste Wahl, mir wäre eine Scandi-Schneide lieber. Trotzdem hat das Messer die Aufgabe gut gemeistert. Einer der Hauptgründe, weshalb ich mich für das größere S1x als Survival-Tool entschieden habe, ist die etwa 5 Inch lange Klinge. Die Klinge des F1x dahingegen ist nur etwa 4 Inch lang. Für den Bau von Unterkünften oder Werkzeugen ist die 4 Inch-Länge optimal. Dafür ist eine Klinge von etwa 13 cm einfach etwas besser geeignet. Dank seiner Balance und seines Gewichts kann man mit dem S1x angenehm hacken. Der Griff ist lang genug, dass Du die Klinge mit viel Kraft lenken kannst.

Die Herstellung von Feathersticks ging sehr leicht und wenn Du einen Firesteel über den Klingenrücken ziehst erzeugt dies einen tollen Funkenregen.

Die Fällkniven S1x Scheide

Dies ist mein erstes Messer von Fällkniven, deshalb kann ich nicht beurteilen, ob die Messerscheide nun besser ist als frühere Modelle. Jedoch hört man von Fällkniven selbst und in verschiedenen Foren, dass es mehrere Verbesserungen gegeben hat. Ich persönlich liebe diese Messerscheide. Sie ist schlank, diskret, ordentlich verarbeitet und liegt gut am Gürtel, ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Die Messerscheide ist aus Zytel gefertigt. Dies ist ein hartes und starkes Material aus glasfaserverstärktem Nylon. Das Material ist stark und steif, außerdem leitet es laut Fällkniven keinen Strom, ist es verschleißfest und gegen fast alle Chemikalien und Lösungsmittel beständig.

Zusätzlich zum alten Klicksystem wurde ein zweiter Lock angebracht. Dieser sorgt dafür, dass das Messer sich nicht versehentlich aus der Messerscheide lösen kann. „Belt and braces“ nennt Fällkniven das und bedeutet, dass Du das Messer ganz einfach festklicken kannst, wenn Du es bei der Arbeit häufig aus der Scheide ziehst und wieder zurücksteckst. Damit Du Dir absolut sicher sein kannst, dass das Messer nicht herausfällt, gibt es den zweiten Lock.

Ein weiteres Feature sind die seitlichen Löcher, mit denen Du die Scheide auch an Deinem Gürtel befestigen kannst. So kannst Du, sogar wenn die Nylongürtelschlaufe bricht, das Messer noch immer sicher bei Dir tragen. Die Messerscheide wirkt zwar sehr simpel, ist jedoch gut durchdacht. Genau wie das restliche Messer. Lagom.

Tungsten Carbide Coating

Es gibt zwei Varianten, nämlich eine mit einer Satin- und eine mit einer schwarzen Tungstencarbidbeschichtung. Wolframcarbid (WC) ist eine chemische Verbindung, die zu gleichen Teilen aus Wolfram und Kohlenstoff besteht. In seiner einfachsten Form ist es ein feines graues Pulver. In einem Verfahren, das als sintern bezeichnet wird, kann es gepresst und in Form gebracht werden. In dieser Form findet man es dann in Werkzeugen und Inudstrieanlagen zurück.

Die beschichtete Version ist eine der härtesten Beschichtungen auf dem Markt. Es hat eine Härte von bis zu 83HRC! Das ist so ziemlich die beste Beschichtung, die es gibt. Sie sieht auch schön aus; eher wie ein gebläutes Finish, wie man es beispielsweise von ESEE kennt. Außerdem bedeutet das, dass Du einen Firesteel auf der Klinge benutzen kannst. Der Rücken ist mit einem Schliff von 90 Grad versehen.

Abgesehen davon sehe ich ehrlich gesagt keinen großen Vorteil bei dieser Beschichtung. Ja, sie gewährleistet zu 100%, dass die Klinge nicht verkratzt oder optisch beschädigt wird, z.B. durch Rost. Dafür kannst Du die Klinge nicht so einfach schleifen. Ein weiterer Punkt ist, dass man auf der Beschichtung schnell Fingerabdrücke sieht, die man nur mit einer gründlichen Reinigung wieder entfernen kann.

Zum Schleifen benötigst Du ein hochwertiges Siliziumkarbid wet'n'dry Schleifpapier mit einer Härte von ca. 2600 Vickers und einen halbharten Untergrund, zum Beispiel ein Mauspad. Siliziumkarbid ist härter als Wolframkarbid. Alternativ kannst Du diamantbeschichtetes Schleifpapier benutzen, welches Du online relativ günstig erwerben kannst. Natürlich kannst Du in einer Survivalsituation nicht so gut schleifen, außer Du hast dieses Schleifpapier dabei. Du könntest auch mit einem keramischen Stein schleifen, jedoch könnte das im Laufe der Zeit den konvexen Schliff beschädigen. Mein Tipp ist also, einfach die Satinbeschichtung zu wählen, wenn Du für die andere Beschichtung keinen guten Grund siehst.

Fällkniven bieten einen Reperatur- und Schleifservice für 85 schwedische Kronen an, was nur ungefähr 10 € sind. (Nur bei Fällkniven selbst möglich)

Die Griffschalen

Für manche Menschen dürften die Griffschalen dünner sein, als dass sie es gewohnt sind. Aber wie wir alle wissen, ist das eine sehr subjektive Sache, denn es müssen verschiedene Handgrößen und -formen berücksichtigt werden. Die Griffe der meisten Fällkniven S-Messer wurden mit dem Gedanken an Düsenjägerpiloten entwickelt, die das Messer mit Handschuhen benutzen. Diese Griffe haben feine Rundungen und Formen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Handtypen gibt, für die der Griff nicht geeignet ist. Immerhin haben wir es auch mit einer Klingenstärke von 6 mm zwischen den Griffschalen zu tun. Ich habe dieses Messer mehrere Monate lang als einziges Messer auf Reisen und bei Kursen benutzt und finde den Griff perfekt. Das Thermorun mit seinen gummiartigen Eigenschaften liegt griffig und komfortabel in der Hand.

Ein anderes schönes Feature ist, dass man die Griffschalen entfernen kann! So kannst Du, wenn Du das denn möchtest, sogar selbst Griffschalen in einer anderen Stärke oder aus einem anderen Material fertigen. Auch für die Reinigung, zum Beispiel bei der Jagd, ist das praktisch.

Thermorun ist eine gute Wahl für die Griffe eines Survivalmessers. Survivalmesser sollten so konstruiert sein, dass sie besonders rauen Bedingungen standhalten und Thermorun ist ziemlich unempfindlich gegen Hitze, Wasser, Wetter, Chemikalien und Lösungsmittel.

Feinere Aufgaben

Wie schon erwähnt ist das S1x ein starkes Stück Stahl mit einem Rücken, der sich bestens für die Herstellung von Kienspänen oder für die Benutzung eines Firesteels eignet. Deshalb war ich umso überraschter, wie gut das Fällkniven S1x auch kleinere Aufgaben meistert. Die sich verjüngende Klingenspitze sorgt dafür, dass Du sehr präzise arbeiten kannst. So präzise ist das mit kaum einem anderern Bushcraft- oder Survivalmesser möglich. Man könnte fast denken, dass man ein Holzschnitzmesser in Händen hält.

Das ultimative Survivalmesser?

Ist es also wirklich das beste Survivalmesser aller Zeiten, wie Fällkniven selbst sagt? Die Zeit wird es zeigen. „Survival“ ist hier das perfekte Stichwort. Fällkniven scheint selbst sehr überzeugt von der Qualität des Messers zu sein. Abgesehen von diesem Selbstvertrauen ist aber eines sicher: es wurde ziemlich viel über verschiedene Aspekte nachgedacht.

Die Realität ist jedoch, dass wir häufig nicht mit unserem rationalen Verstand sondern mit Emotionen Entscheidungen treffen. Wir entwickeln eine emotionale Bindung zu Objekten und identifizieren uns mit Produkten, die wir kaufen oder benutzen. Dies ist das Grundprinzip des Verbrauchermarketings und der Produktgestaltung. Einfacher gesagt: ob Dir das Messer gefallen wird und ob Du bereit bist, so viel Geld dafür zu zahlen, liegt ganz bei Dir.

Ist es überteuert? Man könnte argumentieren, dass jedes Messerunternehmen, das CoS-Stahl verwendet, genauso viel für ihre Messer verlangt. Ist es teuer? Absolut. Das heißt aber nicht, dass es überteuert ist.

Für manche ist dieses Messer vielleicht nicht optisch interessant oder überzeugend. Mir persönlich gefällt das Design. Es ist ein Werkzeug, das für Piloten und Soldaten in Survivalsituationen entwickelt wurde. Würde ich diesem Messer mein Leben anvertrauen? Das erzähle ich Euch, sobald mein Kampfflugzeug abgeschossen wurde!

Padraig Croke

Padraig Croke ist ein begeisteter Bushcraft- und Outdoorfan, Löffelschnitzer und Wanderer. Er ist Co-Host des Podcasts „The Trial by Fire“, einem Podcast über Bushcrafting und anderen Outdooraktivitäten, der von 2018 bis 2023 ausgestrahlt wurde. Er ist Grafik Designer und Fotograf und wenn er nicht gerade für uns schrebt, ist er gerne draußen unterwegs auf der Suche nach neuen Fotomotiven.

Im Podcasts „The Trial by Fire“ diskutieren Padraig Croke und Joe Price über alles, was mit Bushcrafting und Outdoor zu tun hat. Du findest alle Episoden auf TrialByFire. Außerdem findest Du sie auch, wenn Du auf iTunes, Spotify und Sicherlich nach „The Trial by Fire Podcast“ suchst. Vergiss nicht, @thetrialbyfirepodcast auf Instagram zu folgen.

Danke Padraig für Deine tolle Review!